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Allgemein Nutztierdasein

Strapazierte Nettigkeit

Unseren Einsatz für eine gravierende Änderung bei den Beziehungen zu den Tieren, allen voran bei den Nutztieren, wollen wir nicht auf der Basis von Negativem aufbauen. Auf dieser Homepage findest Du keine Bilder von Missständen bei der Tierhaltung. Wir wollen informieren, zu eigenen Gedanken und zu Diskussionen anregen, aber wir wollen nicht missionieren. Wir respektieren andere Meinungen. Wir respektieren sogar die weit verbreitete „nicht-wissen-wollen-Einstellung“.  Wir sind auch nicht mit den jetzigen Einstellungen und den heutigen Ansichten auf die Welt gekommen. Aber wir waren stets offen, unsere Meinung in Frage zu stellen und zu verändern. Jeder ist mit seinem eigenen Tempo unterwegs, jeder braucht für eine Meinungsänderung unterschiedlich viel Zeit. Ein Erfolg für uns ist schon, wenn jemand bereit ist, seine Einstellung zu überprüfen und sich auch unliebsamen Fragen zu stellen.

Die Liebe zu den Tieren und das Mitleiden mit den arg gebeutelten (Aus-)Nutztieren soll uns nicht dazu verführen, Andersdenkende zu bekämpfen und zu verteufeln, denn Liebe kann niemals mit Hass erzwungen werden! Ja, das ist ein grosses Wort und stellt uns täglich selber auf die Probe.

In der heutigen Appenzeller-Zeitung (Tagblatt vom 9. Februar 2021) konnte Mike Egger, Nationalrat der SVP in SG seine Meinung zur Broschüre von Greenpeace über den „Futtermittel-Schwindel“ kundtun. Die Frage war, ob denn unser Fleisch dennoch das Label „Schweiz“ verdient hat, wenn doch grosse Mengen von Futtermitteln importiert werden. Mike Egger mit der „Pro-Kolumne“ und Meret Schneider mit einer „Contra-Kolumne“.

Was aber Mike Egger geschrieben hat, strapazierte meine Nettigkeit schon bis aufs Äusserste:

„Der mittlerweile weitverbreitete Kreuzzug gegen die Schweizer Landwirtschaft und die Fleischbranche ist völlig unberechtigt. Diese beiden für unser Land unverzichtbaren Branchen beschäftigen sich intensiv mit Themen wie Ökologie, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Tierwohl.“

Sie beschäftigen sich wirklich ernsthaft mit Tierwohl? Sie versuchen sich in die Lage der Tiere zu versetzen und gehen der Frage nach, was wohl diese Tiere möchten? Ehrlich?

„…2018 wurde zudem per Gesetz der Mindestplatzbedarf, welcher in der Schweiz für alle Nutztiere vorgegeben ist, für Schweine erweitert.“

In meinem Artikel „Die Politik der kleinen Schritte – ein Verrat an den Tieren“ habe ich aus einer Sendung von SRF zitiert: 10 Schweine haben soviel Platz wie ein durchschnittlicher Autoparkplatz! Können wir im Ernst darauf stolz sein? Mit gutem Gewissen und ruhigem Schlaf?

„Die Schweiz verfügt über eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt. Verstösse dagegen werden mit aller Härte sanktioniert.“

Leider wissen wir, dass viele Kantone Mühe haben mit den Sanktionen. Wer Verstösse meldet, muss aufpassen, dass er nicht selber zu Zielscheibe der Justiz wird. Und: ein schlechter Zustand wird nicht dadurch besser, wenn er mit noch schlechteren Zuständen verglichen wird!

„Während in der EU bis zu 24 Stunden Transportzeit erlaubt sind, dürfen Tiere in der Schweiz höchstens 8 Stunden unterwegs sein, davon maximal 6 Stunden als Fahrzeit.“

Ja ums Himmels Willen, wohin müssen denn diese Tiere reisen? Der TCS-Routenplaner gibt mir für eine Strecke von Rorschach bis Genf eine Fahrzeit von knapp 4 Stunden an…

Die einen haben sich nicht informiert, andere verbreiten gehörte Informationen ohne Überprüfung einfach weiter. Und die Dritten: Sie manipulieren, indem sie nur einen Teil der Wahrheit aussprechen und mit Pauschalsätzen eine Beruhigungspille verabreichen.

Ich rate jedem, der die Möglichkeit dazu hat, mit einem Nutztier in Beziehung zu treten, wiederholt in seine Augen zu schauen und zu versuchen, sich in seine Lage zu versetzen. Er wird zweifellos erkennen, was in der Tierhaltung zu ändern wäre!

Martin Grob